C10 - Propositionale Anaphern in negativ polaren Kontexten
In diesem Projekt untersuchen wir die Prinzipien, die die anaphorische Wiederaufnahme von Propositionen in negativen Sätzen bestimmen. Wenn ein negativer Satz geäußert wird, besteht im Folgesatz generell die Möglichkeit mittels einer Anapher (z.B. das Pronomen das) auf die vom Satz denotierte negative Proposition (Øp) zuzugreifen, oder auf die negierte Proposition (p). Meistens ist es jedoch so, dass eine der beiden Varianten bevorzugt ist, oder überhaupt die einzige mögliche Interpretation. Betrachten wir ein Beispiel.
Anne: Ich habe Alex nicht vor 11 Uhr angerufen.
Ben: Aber das ist, was er behauptet.
Das Pronomen das in Bens Entgegnung bezieht sich auf p, d.h. darauf, dass Anne Alex vor 11 angerufen hat. Wenn Ben stattdessen folgendes entgegnet hätte, wäre dies anders: Das finde ich sehr rücksichtsvoll. Hier bezieht sich das auf Øp.
Ziel des Projekts ist es, herauszufinden, welche Faktoren die Interpretation von Anaphern wie das beeinflussen. Mit anderen Worten untersuchen wir die Faktoren, die – laut Hypothese – die Prominenz von Øp vs. p, und damit die anaphorische Wiederaufnahme von Øp vs. p beeinflussen. Zu diesen Faktoren zählen unter anderem Konjunktionen (z.B. aber), Diskurspartikeln (z.B. ja, nämlich), Konjunktivmarkierung und Tempus, die verwendete Negation (z.B., nicht, kein, niemals) oder auch bestimmte Perspektivenanzeiger. Auch spielt die Art des vorangegangenen Sprechakts eine Rolle. Wir studieren diese Faktoren mittels experimenteller Erhebungen und Korpusstudien.